Ält. Nachweis

Historische Sagen aus dem Archiv der Stadtgemeinde Oberndorf

„Schiffersagen“

Einen maßgeblichen Raum in den Beziehungen der Oberndorfer Schiffer
zu ihrer Umwelt nehmen Sagen und Volkserzählungen ein.
Hierbei überwiegen Dämonen – und Glaubenssagen, gefolgt von
historischen – und Wissenssagen, während Erklärungssagen in den Hintergrund treten.
Das naturverbundene Leben der Schiffer und das vielfache hilflose ausgesetzt sein
gegenüber der Naturgewalt öffnet Wege zum übersinnlichen und ließ es mit der Realität verschmelzen.
Auf diese Weise entstanden die Sagen der Oberndorfer.
Zu einem Körnchen Wahrheit kam die, zum übersinnlichen tendierende phantasievolle Ausschmückung.
Mag sein, das viele Menschen heute der Sage nichts mehr abgewinnen können, weil sie überholt erscheint; und doch werden Volkskundler, Soziologen und Psychologen in ihr Quellen der Erkenntnis finden können.
So betrachtet sind Sagen Fundstätten.
Die vorliegende Arbeit wäre daher nicht abgerundet, würde man den Sagenkreis der Oberndorfer Schiffer nicht erwähnen.

„Der Volksmund“ weiß diesbezüglich so manches zu berichten:

Das Austreiben böser Geister aus Mensch, Tier, Haus und Hof entstand schon vor Jahrtausenden in den verschiedensten Kulturen aller Erdteile.

Bei einigen Völkern haben sich diese Bräuche als Schamanistische Rituale kosmologisch orientiert er Naturvölker, Kulturhandlung exotischer Stämme oder volkstümlicher Brauchtum bis ins 21. Jahrhundert hinübergerettet.

Sind der Teufelstanz im tropischen Sri Lanka, die Vertreibung der Urhexe Rengda auf Bali oder die Tänze der australischen Aborigines doch fast unverfälscht aus grauer Vorzeit erhalten, so wurde der amerikanische „Halloween“, ursprünglich ein keltisches „Totenfest“, erst von englischen Auswanderern in die neue Welt gebracht.
Gut und Böse haben auch in unserem nördlichen-Flachgau der Stadtgemeinde Oberndorf als „Nachfahren“ keltischer Dämonen – und Glaubenssagen einen festen Platz im traditionellen Brauchtum. Die heimischen Vertreter dieser „Geisterwelt“ sind uns als Schön- und Schiach-Perchten bekannt.
Aufwendig geschnitzte Holzmasken mit ihren phantasievollen Bemalungen und Verzierungen, den Widder- und drohend aufragenden Ziegenbockhörnern, üben immer wieder eine schaurige Faszination auf den Betrachter aus.
Auch der Krampus, als zweihorniger, schwarzpelziger Verwandter der Perchten, ist als Begleiter des heiligen Nikolaus nicht mehr aus unserer Vorweihnachtszeit wegzudenken.

„S`Nikologartl“

Große Geschenke hat es früher zu Weihnachten nicht gegeben, da der Lebensstandard mit dem heutigen nicht zu vergleichen ist. Die Bescherung war nicht am Heiligen Abend unter dem Tannenbaum, sondern in bescheidener Form am Nikolaustag.  Der Brauch am Nikolaustag (6. Dezember), ein sogenanntes Nikologartl aufzustellen, war einst weit in Europa verbreitet.

Er hat sich bis zur Gegenwart nur in Frankreich und recht isoliert in Oberndorf gehalten. Vor allem die um die Jahreszeit arbeitslosen Schiffer hatten Zeit, solche Nikologartln herzustellen, um sich damit eine kleines Zubrot zu verdienen.
Hermann Rasp hat selbst noch, um den Brauch zu erhalten, zahlreiche derartige Nikologartln gebaut und wusste darüber noch gut Bescheid:
Auf einem etwa 30-40 cm langen und 20 cm breiten Grundbrettchen werden an der Hinterfront Tannenzweige eingesetzt.
Die drei anderen Seiten sind meistens mit einem kleinen Holzzaun umgeben, an dem an der Vorderseite vier Kerzen als Symbole für die 4 Jahreszeiten und den Advent aufgestellt werden.
Den Boden legt man mit Moos aus. Auch vergoldete Nüsse werden als Verzierung verwendet.
In diesem kleinen Garten werden dann Figuren vom heiligen Nikolaus und vom Krampus aufgestellt, so dass vor ihnen noch Platz für kleine Geschenke verbleibt.
Dieses Nikologartl stellten die Kinder abends zum Fenster und freuten sich, wenn er am folgenden Morgen mit Äpfeln, Nüssen, Kletzen und Birnen gefüllt war.
Der Christbaum hat dann das Nikologartl immer mehr verdrängt.